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Netzanschlussverfahren als Nadelöhr: Wenn technische Detailfragen die Energiewende bremsen

Dass Netzanschlussverfahren nicht reibungslos laufen, ist in der Branche kein Geheimnis. In letzter Zeit häufen sich jedoch Fälle, in denen sich Netzbetreiber und Projektierer in technischem Klein-Klein überwerfen und Projekte darunter leiden - zulasten von Planungssicherheit, Investitionsbereitschaft und Energiewende.

Ein besonders kritisches Beispiel liefert der Umgang mit minimalen Netzkurzschlussleistungen in der Mittelspannungsebene (Ebene 5). Neuerdings kommt es vor, dass Netzbetreiber eine Inbetriebnahme wegen zu geringer zur Verfügung stehender Kurzschlussleistung am Netzverknüpfungspunkt verweigern – ein Wert, der erst spät im Verfahren über den E.9-Bogen durch den Netzbetreiber kommuniziert wird. In der Praxis bedeutet das derzeit: Trafostationen sind längst beauftragt oder gebaut, zentrale Komponenten wurden bestellt – und plötzlich steht die Netzanbindung infrage.

Das technische Argument ist grundsätzlich nachvollziehbar. Dennoch können bereits projektierte oder sogar gebaute Anlagen nicht im Nachhinein dazu verpflichtet werden, Anforderungen zu erfüllen, die zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht bekannt waren. Im aktuellen Prozess  liegen dem Netzbetreiber alle relevanten Informationen bereits in früheren Verfahrensschritten vor: Mit den E.4-Unterlagen (bzw. E.2), technischen Datenblättern und Netzrückwirkungsnachweisen erhält er frühzeitig Einblick in die geplante Anlage. Dennoch erfolgt die Rückmeldung häufig zu spät – oder gar nicht. In einem bekannten Fall wurde einem Projekt die Inbetriebnahme erst nach vollständiger Fertigstellung verweigert – aufgrund eines Problems, das schon Monate vorher hätte erkannt werden können.

Ein weiteres Problemfeld: Netzbetreiber fordern vermehrt zusätzliche technische Nachweise, die über den normativen Rahmen hinausgehen. Beispiel: die Bewertung von Spannungsänderungen beim Einschalten von Transformatoren. Laut den Zertifizierern handelt es sich dabei um nicht betriebsbedingte Schalthandlungen, für die gemäß VDE-AR-N 4110 keine Prüfung im Anlagenzertifikat erforderlich ist. Auch die offiziellen Erläuterungen zur Norm bestätigen: Bei unregelmäßigen, seltenen Einschaltvorgängen genügt der Vermerk im Zertifikat – Rücksprache mit dem Netzbetreiber, oder gar eine technische Lösung, ist nicht vorgesehen.

Derzeit ist offen, wer die Kosten für Vertragsverzug und gegebenenfalls die Nachrüstung technischer Komponenten – etwa von Einschaltstrombegrenzern – trägt. Diese Praxis führt zu einer gefährlichen Verantwortlichkeitslücke im Netzanschlussprozess:

  • Wer prüft Sonderanforderungen – Zertifizierer oder Netzbetreiber?
  • Wann sind sie verbindlich – beim E.8, beim E.9 oder erst beim Zertifikat?
  • Wer trägt die Konsequenzen/Kosten, wenn eine Anlage gebaut, aber nicht in Betrieb genommen wird?

Dass zentrale Punkte nicht im Abstimmungsprozess, sondern erst kurz vor der Inbetriebnahme aufkommen, ist aus Sicht der Projektierer nicht hinnehmbar. Die Netzbetreiber hingegen müssen einen sicheren Netzbetrieb sicherstellen. Das Problem liegt wohl im Prozessablauf, in diesem müssten die Verantwortlichkeiten klar geregelt und frühzeitig kommuniziert werden. Die rückwirkende Änderung von bereits zugesagten Netzanschlussleistungen ist in jedem Falle zu vermeiden.

Vorwurf: Technische Scheinobjektivität als politisches Bremsmanöver?

Projektierer werfen den Netzbetreibern vor: Was auf den ersten Blick wie technische Sorgfalt wirkt, entpuppt sich in der Praxis zunehmend als strategisch eingesetzte Unsicherheit. Anforderungen werden intransparent, uneinheitlich und häufig zu spät gestellt – ohne Rücksicht auf Planung, Lieferfristen oder Investitionsentscheidungen. Hinter dieser vermeintlich sachlichen Praxis steckt oft mehr als technische Vorsicht: In Wahrheit geht es um Kontrolle, Einfluss – und nicht selten um politische Blockadehaltung.

Die Netzbetreiber verweisen auf die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und versuchen, die Diskussion auf Sachebene zu führen.

Wir finden, wenn dieser Spagat gelingen soll, braucht es dringend Energiewendekompetenz und Verständnis auf allen Seiten:

  • Frühzeitige Rückmeldung zu Netzparametern (z. B. Kurzschlussleistung, etc.)
  • Verlässliche Anwendung technischer Regeln – ohne Sonderwege einzelner Netzbetreiber
  • Klare Rollenteilung zwischen Zertifizierern und Netzbetreibern
  • Rechtsverbindliche, vereinheitlichte Standards im Netzanschlussverfahren
  • Und nicht zuletzt: Digitalisierung, zügiger verlässlicher Netzausbau, schnellere Anmeldeprozesse

Die Branche ist bereit. Die Technik ist es auch. Packen wir es gemeinsam an.

 

Hinweis: Dieser Artikel gibt unsere Praxiserfahrungen wieder und ersetzt keine rechtliche Beratung. 

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Projekte realisieren möchten – wir unterstützen Sie mit unserer praktischen Erfahrung.

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